Zuverlässige Diagnose durch Ultraschall – Röntgen bei Kindern mit gebrochenem Arm ist meist unnötig

Klettern, toben, Skateboard fahren: Am häufigsten brechen sich Kinder und Jugendliche den Arm in der Nähe des Handgelenks – den sogenannten distalen Unterarm [1]. Die Diagnose dieser Verletzung erfolgt üblicherweise durch eine Röntgenuntersuchung – dabei ist Ultraschall genauso zuverlässig. Eine Expertengruppe unter Beteiligung mehrerer Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e.V. (DEGUM) hat eine Methode evaluiert, die rund 81 Prozent der Röntgenuntersuchungen bei Kindern mit Verdacht auf eine distale Unterarmfraktur einsparen könnte. Aufgrund der potenziell schädlichen Wirkung sollten Kinder so selten wie möglich der ionisierenden Strahlung ausgesetzt werden. Die Ergebnisse haben die Autoren der Studie in der Fachzeitschrift Ultraschall in der Medizin vorgestellt [2].

Kinder, die sich in der Wachstumsphase befinden, nehmen während einer Röntgenuntersuchung eine fünfmal höhere Dosis der schädlichen ionisierenden Strahlung auf als Erwachsene. Aus diesem Grund sollten unnötige Untersuchungen so weit wie es nur geht verhindert werden. „Der so genannte Wrist-SAFE-Algorithmus ist ein wirksames Mittel, die Strahlenbelastung bei Kindern auf das absolut notwendige Minimum zu reduzieren“, sagt Dr. med. Kay Großer, Chefarzt der Klinik für Kinderchirurgie und Kinderurologie am Helios Klinikum Erfurt, einer der Autoren der Studie und zugleich stellvertretender Leiter der Sektion Pädiatrie der DEGUM. Mit Hilfe des Algorithmus könnte nach Berechnung der Studie jährlich allein in Deutschland fast 285.000 Röntgenuntersuchungen bei Kindern eingespart werden. Die Studie knüpft an Erkenntnisse vorangegangener Untersuchungen an, nach denen der Ultraschall bei Verdacht auf eine Fraktur in vielen Fällen eine ebenso zuverlässige Diagnose ermöglicht wie das Röntgenbild und in manchen Fällen sogar überlegen ist, gerade im Fall von Knochenbrüchen [3, 4].

An der jetzt vorgestellten prospektiven multizentrischen Phase-IV-Studie unter dem Titel Sokrates II beteiligten sich Ärztinnen und Ärzte aus Kliniken in Bochum, Krakau, Erfurt, Neuss und Düsseldorf. Im Zeitraum zwischen November 2012 und November 2014 untersuchten sie insgesamt 498 Patienten im Alter von null bis zwölf Jahren. Alle kamen mit Schmerzen im Unterarm nahe dem Handgelenk in Folge eines Traumas in die Klinik. Ausschlusskriterien für eine Untersuchung nach dem Wirst-SAFE-Algorithmus waren offene Frakturen oder Wunden, ein Verdacht auf Gefäß- oder Nervenverletzung sowie ähnliche Frakturen in den beiden Vorjahren. Trafen diese Kriterien nicht zu, erfolgte eine Diagnosestellung anhand von Sonografiebildern an sechs vordefinierten Positionen rund um den Unterarm. In 321 Fällen stellten die Ärztinnen und Ärzte auf diesem Weg die sichere Diagnose Fraktur. Nur in 58 Verdachtsfällen war eine Röntgenuntersuchung zur Kontrolle notwendig, die das Ergebnis des Ultraschalluntersuchung allerdings in 57 Fällen bestätigte. „Die Sonografie liefert bei Vorgehen nach Wrist-SAFE treffsichere Ergebnisse und sollte vor allem bei Kindern das Mittel der Wahl sein“, sagt Großer.

Der Experte fordert daher, dass mehr Ärztinnen und Ärzte den Ultraschall als Bildgebungsverfahren nutzen. Insbesondere bei jüngeren Kolleginnen und Kollegen, die im Studium eine gute Ausbildung am Ultraschallgerät erhalten würden, will der Experte daher das Bewusstsein für die Vorteile dieser Methode wecken. „Die Sonografie ermöglicht nicht nur eine strahlungsfreie Bildgebung. Sie ist auch wesentlich schneller durchführbar und kostengünstiger als eine Untersuchung mit einem“, sagt Großer.

Quellen:

[1] Kraus R, Schneidmüller D, Röder C. Häufigkeit von Frakturen der langen Röhrenknochen im Wachstumsalter. Dt Ärztebl 2005; 102: 838–842.

[2] Ackermann O, Wojciechowski P, Dzierzega M, Grosser K, Schmitz-Franken A, Rudolf H, Eckert K. Sokrat II – An International, Prospective, Multicenter, Phase IV Diagnostic Trial to Evaluate the Efficacy of theWrist SAFE Algorithm in Fracture Sonography of Distal Forearm Fractures in Children. Ultraschall in Med 2019; 40; 349-358.

[3] Ultraschall statt Röntgen: Baucherkrankungen, Knochenbrüche, Rheuma: Sonografie als erste Wahl, Pressemitteilung der DEGUM, 30.08.2017.

[4] Schmid G L, Lippmann S, Unverzagt S, Hofmann C, Deutsch T, Frese T. Diagnostik bei Frakturverdacht – Ultraschall im Vergleich zu konventioneller Bildgebung. Systematisches Review und Metaanalyse. Dt Ärztebl 2017; 114: 757-764

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM)
Internet: www.degum.de

 

Bild/er: Pixabay – Lizenz: Public Domain CC0

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