Kindergesundheit: Piercen und Körpermodifikationen im Mundbereich sind riskant

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte spricht sich schon seit vielen Jahren gegen Piercing und Tätowierungen bei Minderjährigen aus, da sie „Angriffe auf die körperliche Unversehrtheit von Kindern“ sind.

 

Der Verband nimmt nun ein Statement der Faculty of Dental Surgery at the Royal College of Surgeons (FDS) and British Association of Plastic, Reconstructive and Aesthetic Surgeons (BAPRAS) zum Anlass, um noch einmal auf die Gefahren insbesondere des Piercings und der Körpermodifikationen im Mundbereich aufmerksam zu machen. „Piercings im Mundbereich bergen Gefahren. So kann eine nach einem Zungenpiercing geschwollene Zunge die Atemwege blockieren und das Atmen erschweren. Da der Mund jede Menge an Erregern beherbergt, ist in diesem Bereich auch das Infektionsrisiko beim Piercen besonders groß. Es sind sogar Fälle von einer Endokarditis in der Folge eines Piercings in Studien erwähnt. Dabei entzündet sich die Herzinnenhaut (Endokard) und mit ihr auch die Herzklappen. Deshalb sollten Piercings bei Menschen mit Herzfehlern tabu sein“, warnt Dr. Ulrich Fegeler, Kinder- und Jugendarzt sowie Mitglied des Expertengremiums des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ).

Träger eines Zungenpiercings haben dem Statement der FDS und BAPRAS zufolge ein doppelt so hohes Risiko für eine Zahnbeschädigung im Vergleich zu Menschen ohne diesen „Schmuck‘‘. Ähnlich verhält es sich demnach mit dem Zahnfleisch, das häufiger verletzt wird und dadurch zurückgeht. Wird ein Schmuckstück versehentlich verschluckt, kann es zu Verletzung im Magen-Darmbereich kommen. Gelangt es versehentlich in die Atemwege, kann es akute Atemnot auslösen oder, wenn es in tiefere Abschnitte der Lunge gelangt, chronische Infektionen verursachen, wenn es nicht entfernt wird.

Eine extreme Form der Körpermodifikation ist das Zungenspalten. Die Zunge ist stark durchblutet, sodass ein Patient bei einem Eingriff sehr viel Blut verlieren kann. „Abgesehen davon können Nerven oder Muskeln bei unsachgemäß durchgeführten Prozeduren an der Zunge beschädigt werden. Da die Zunge beim Sprechen und Essen eine große Rolle spielt, kann die Lebensqualität bei Verletzungen in der Folge schwer leiden“, erklärt Dr. Fegeler. In Wales wurde im Februar 2018 Zungenpiercing und das Piercing intimer Körperbereiche für alle unter 18-Jährigen verboten. Zungen-Splitting als reine ästhetische Maßnahme wurde selbst mit Zustimmung sowohl in England als auch in Wales untersagt.

In Deutschland sind rund ein Drittel der Frauen zwischen 14 und 34 Jahren und 14,4% der Männer laut einer Umfrage der Universität Leipzig von 2016 gepierct – mit steigender Tendenz.

Hintergrund: FDS and BAPRAS, Body Modification (Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft)EUROPEAN COMMISSION

Quelle: Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V.
Internet: http://www.kinderaerzte-im-netz.de

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