Neugeborenen-Screening hilft vielen Kindern

In Bayern ist durch das sogenannte Neugeborenen-Screening bei mehr als 1.300 Kindern eine schwere angeborene Stoffwechsel- oder Hormonstörung entdeckt worden. Darauf verwies Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml am Mittwoch in Erlangen. Diese Untersuchungen waren vor rund 15 Jahren eingeführt worden.

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Huml, die selbst Ärztin und Mutter ist, betonte: „Das Neugeborenen-Screening kann Kinderleben retten. Konkret wurde auf diese Weise von 1999 bis Ende 2013 in Bayern bei 1.335 Säuglingen eine schwere angeborene Stoffwechsel- oder Hormonstörung frühzeitig erkannt. Dadurch war eine schnelle Behandlung möglich.“

In Bayern kommen pro Jahr rund 100 Kinder mit einer angeborenen Stoffwechsel- oder Hormonstörung zur Welt. Ohne Behandlung kann diese Störung zu schwersten geistigen und körperlichen Behinderungen führen – zum Teil sogar zum Tod. Aus diesem Grund wurde im Freistaat auf Initiative des Bayerischen Gesundheitsministeriums im Jahr 1999 im Rahmen eines Modellprojekts das Neugeborenen-Screening in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) eingeführt. Dabei werden Säuglinge gleich nach der Geburt auf 14 angeborene Stoffwechselkrankheiten untersucht. Seit 2005 sind diese Untersuchungen nach bayerischem Vorbild eine Regelleistung der gesetzlichen Krankenkasse.

Jährlich werden in Bayern nach Angaben des LGL rund 105.000 Neugeborene untersucht. Huml unterstrich: „Mit dem so wichtigen Neugeborenen-Screening hat Bayern bundesweit eine Vorreiterrolle im Bereich der Kindergesundheit übernommen. Bis Ende 2013 wurden in Bayern mehr als 1,6 Millionen Kinder gescreent. Das entspricht über 99 Prozent der bayerischen Neugeborenen.“

Um sicherzustellen, dass möglichst alle Neugeborenen im Freistaat erreicht und alle auffälligen Befunde durch eine weiterführende Diagnostik abgeklärt werden, gibt es in Bayern seit 1999 ein spezielles bayerisches „Tracking“(Erinnerungs)-System durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst (LGL und Gesundheitsämter). Koordiniert wird das Programm durch das Neugeborenen-Screeningzentrum am LGL.

Huml erläuterte: „72 der betroffenen Kinder wären ohne das spezielle bayerische Tracking-Verfahren nicht frühzeitig diagnostiziert und behandelt worden. Wir helfen mit dem Neugeborenen-Screening den Kindern und  ersparen den betroffenen Familien viel Leid sowie langwierige Krankenhausaufenthalte.“

Dr. Uta Nennstiel-Ratzel, Leiterin des Screeningzentrums am LGL und Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Neugeborenen-Screening (DGNS), hob hervor: „Herzstück unseres erfolgreichen Neugeborenen-Screenings in Bayern ist das ‚Tracking‘-System. Dabei werden alle kontrollbedürftigen Befunde bis zur endgültigen Diagnose von Ärzten aktiv nachverfolgt – und die betroffenen Kinder bekommen eine adäquate medizinische  Behandlung, wie etwa hier in der Erlanger Kinder- und Jugendklinik. Erst dieses System gewährleistet, dass alle Kinder erreicht werden und keines übersehen wird. Daher hat es sich als unverzichtbar herausgestellt.“

Huml kündigte an: „Selbstverständlich wollen wir uns auf unseren Lorbeeren nicht ausruhen. Wir werden vielmehr das Neugeborenen-Screening nach dem Stand der Wissenschaft weiter vorantreiben. In Bayern untersucht derzeit ein Screeninglabor in München gemeinsam mit dem LGL in einer Studie, auf welche weiteren sehr seltenen Krankheiten das Screening ausgeweitet werden kann.“

Auch auf Bundesebene wird derzeit über die Einführung eines flächendeckenden Screenings auf weitere Krankheiten im dafür zuständigen Gemeinsamen Bundesausschuss beraten. Darin sitzen Vertreter der Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und des GKV-Spitzenverbandes. Voraussichtlich wird noch in diesem Jahr das Neugeborenen-Screening auf die schwere Erbkrankheit Mukoviscidose ausgeweitet.

Die Teilnahme an dem Neugeborenen-Screeningverfahren ist freiwillig und setzt die Einwilligung der Eltern des Neugeborenen voraus. Dem Kind wird zwischen 36 und 72 Stunden nach der Geburt an der Ferse ein Tropfen Blut entnommen. Dieser wird dann im Labor auf angeborene Stoffwechselerkrankungen und schwerwiegende hormonelle Störungen untersucht. Wichtige der derzeit 14 untersuchten Krankheiten sind die Stoffwechselkrankheiten Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion; rund 30 Fälle in Bayern pro Jahr), die Phenylketonurie (Störung im Eiweißstoffwechsel, etwa 22 Fälle), MCAD-Mangel (Störung der Fettsäureverwertung, circa 12 Fälle) oder das Adrenogenitale Syndrom (Unterfunktion der Nebennierenrinde, circa 8 Fälle).


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Ausführliche Informationen zum Neugeborenen-Screening 


 


Bild: Pixabay – Lizenz: Public Domain CC0

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