Europaparlament stimmt gegen die Ampelkennzeichnung

Zur Abstimmung des Europäischen Parlaments über die Ampelkennzeichnung erklärt Matthias Wolfschmidt, stellvertretender Geschäftsführer der Verbraucherrechtsorganisation foodwatch: „Das Votum gegen die Ampel ist enttäuschend. Statt Bürgernähe herrscht in Europa die Lobbymacht der Industrie. Obwohl zahlreiche nationale und europäische Spitzenverbände von Ärzten und Kinderärzten, verschiedenste Patientenorganisationen, Krankenversicherungen bis hin zu Verbraucherverbänden sich vehement für die Ampelkennzeichnung eingesetzt haben, obwohl die Vorzüge der Ampelkennzeichnung gegenüber allen anderen Systemen vielfach durch wissenschaftliche Studien belegt wurden und die meisten Verbraucher die Ampel wollen, haben sich die Parlamentarier unter dem Einfluss der Industrielobby gegen die Ampel entschieden.

Ganz offensichtlich hat die Mehrheit der Parlamentarier dem massiven Lobbydruck von Coca-Cola, Nestlé & Co nicht standgehalten. Es bleibt das Geheimnis der Politik, wie sie das gesellschaftliche Problem Übergewicht in den Griff bekommen möchte, wenn sie nicht einmal den Mumm hat, eine transparente und verständliche Angabe des Zucker- und Fettgehalts gegen den Willen der Lebensmittelindustrie durchzusetzen.

Dass die Industrie zusätzliche grafische Darstellungen wie die Ampel freiwillig einsetzen darf, ist kein Fortschritt, das war auch bisher schon möglich. Den Verbrauchern bringt eine freiwillige Ampelkennzeichnung nichts. Wer heute schon ohne Scham Kalorienbomben als Fitnessprodukte verkauft, wird diesen Schwindel sicher nicht mit einer leuchtend roten Kennzeichnung selbst entlarven. Die freiwillige Ampel ist das Feigenblatt, mit dem die EU-Abgeordneten kaschieren, dass ihnen für eine verpflichtende Ampel der Mut fehlte.“

Abstimmungsergebnis:

Ein Antrag für eine verpflichtende Kennzeichnung mit den Ampelfarben, der sozialdemokratischen Fraktion des EU-Parlamentes (S&D-Fraktion), den europäischen Grünen (Verts/ALE-Fraktion) und der europäischen Linken (GUE/NGL-Fraktion) eingebracht worden war, wurde von den Parlamentariern abgelehnt (Antrag 314).

Ein Antrag, der den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten die Möglichkeit einräumen sollte, die Ampel national verpflichtend einzuführen (Antrag 272), wurde abgelehnt (Antrag 272). Diesen Antrag hatte die Fraktion der europäischen Grünen eingereicht (Verts/ALE-Fraktion).

Ein Antrag, der auf nationaler Ebene unter bestimmten Bedingungen zusätzliche freiwillige Kennzeichnungen (auch mit den Ampelfarben) ermöglichen sollte, wurde angenommen (Antrag 298). Dieser Antrag war von den europäischen Konservativen (PPE/EVP-Fraktion) eingebracht worden.

Nach der Abstimmung des Europaparlaments muss sich noch der Europäische Rat der 27 zuständigen Fachminister mit der Verordnung befassen. Erst bei einer Einigung zwischen Parlament und Rat wird eine verbindliche Nährwertkennzeichnung festgelegt.

foodwatch e. v.
brunnenstraße 181
10119 berlin

www.foodwatch.de