Influenza-Impfung in der Schwangerschaft: Warum diese Empfehlung?

(dgk) Seit 2010 wird in Deutschland die Impfung gegen Influenza („Grippe-Impfung“) routinemäßig auch für Schwangere vor allem im 2. und 3. Schwangerschaftsdrittel empfohlen. Die Umsetzung in der Praxis lässt aus verschiedenen Gründen noch zu wünschen übrig. Eine Impfung während der Schwangerschaft zu geben, trifft sowohl bei den betroffenen Frauen als auch bei den beratenden Ärzten manchmal auf Ablehnung. Doch ist diese berechtigt?

Wir sprachen mit PD Dr. Christof Schaefer (Foto), Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie, Charité-Universitätsmedizin Berlin

PD Dr. Christof Schaefer (Foto), Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie, Charité-Universitätsmedizin BerlinDGK: Herr Dr. Schaefer, warum wird die Impfung gegen Grippe in der Schwangerschaft empfohlen?

Dr. Schaefer: Eine Infektion mit Influenzaviren in der Schwangerschaft kann für die Schwangere und den Embryo ein Risiko darstellen. Betrachtet man zum Beispiel Daten aus den großen Pandemien des vergangenen Jahrhunderts und auch von der Pandemie im Jahr 2009, so sieht man eine Häufung von tödlich verlaufenden Erkrankungen bei schwangeren Frauen. Es werden besonders bei Frauen im 2. und 3. Schwangerschaftsdrittel deutlich mehr Komplikationen beobachtet, vor allem Lungenentzündungen, die eine Krankenhauseinweisung notwendig machen, als bei nicht-schwangeren Frauen in demselben Alter.

DGK: Worin sehen Sie den Grund für die schwereren Krankheitsverläufe in der Schwangerschaft?

Dr. Schaefer: Während der Schwangerschaft gibt es zahlreiche physiologische Veränderungen, auch im Immunsystem der Schwangeren. Diese natürlichen Umstellungen, zum Beispiel eine verminderte zellvermittelte Immunität, die bei der Bekämpfung von Viren besonders wichtig ist, können schwangere Frauen möglicherweise für das Grippevirus besonders anfällig machen.

DGK: Ist auch das Kind durch eine Influenza-Infektion in der Schwangerschaft gefährdet?

Dr. Schaefer: Zu dieser Frage gibt es verschiedene Studienergebnisse, die teilweise sogar widersprüchlich sind. Zusammenfassend kann man jedoch sagen, dass es durch die Influenzaviren höchstwahrscheinlich kein nennenswertes Risiko für angeborene Schädigungen beim Kind gibt. Eine größere Gefahr geht von hohem Fieber während der Schwangerschaft aus: Hohes Fieber deutlich über 39 °C und über 24 Stunden – bei der Influenza keine Seltenheit – kann die Entwicklung des Kindes stören. Auch das Risiko einer Fehlgeburt nimmt dadurch zu.

DGK: Ist die Grippe-Impfung während der Schwangerschaft denn wirklich sicher? Sollten Impfungen während der Schwangerschaft nicht generell besser vermieden werden?

Dr. Schaefer: Wir und andere Arbeitsgruppen haben während der Pandemie 2009 verschiedene Impfstoffe geprüft und mehrere tausend Schwangerschaftsverläufe ausgewertet. Dabei wurden keinerlei Hinweise gefunden, dass die Schwangerschaft durch die Impfung negativ beeinflusst wird, und zwar weder bei Impfung in der Frühschwangerschaft noch im 2. oder 3. Drittel. Es wurden keine erhöhten Fehlgeburtsraten – anders als bei einer hochfieberhaften Grippe-Erkrankung – und keine vermehrten Schwangerschaftskomplikationen beobachtet, auch keine angeborenen Schädigungen beim Kind. Diese Untersuchungen schlossen nicht nur die Pandemie-Impfstoffe, sondern auch die üblichen inaktivierten Grippe-Impfstoffe ein, die gegen die jährlich in den Herbst- und Wintermonaten auftretende „saisonale“ Influenza gerichtet sind.

DEUTSCHES GRÜNES KREUZ e. V. – Internet: www.dgk.de 

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