TÜV Rheinland LGA testet aufblasbare Schwimmartikel: Vergifteter Badespaß

29.07.2009 Nürnberg / Köln – Schlechte Qualität, hohe Belastung mit Schadstoffen und ablösbare Kleinteile: Die Experten von TÜV Rheinland LGA haben 25 aufblasbare Badeartikel aus den fünf beliebtesten Urlaubsländern rund ums Mittelmeer getestet. Das Ergebnis: 17 der geprüften Produkte dürften innerhalb der Europäischen Union gar nicht verkauft werden, weil sie die Anforderungen der geltenden Sicherheitsnormen nicht erfüllen.

„Wer in Urlaubslaune am Strand aufblasbare Badeartikel oder Schwimmtiere kauft, geht ein doppeltes Risiko ein. Einerseits ist die Qualität minderwertig. Das zeigt sich an schlechten Materialien und schlechter Verarbeitung. Andererseits sind Gefahren für die Gesundheit im Kauf gleich eingeschlossen – besonders für Kinder“, so Dr.-Ing. Wilhelm Schubert, Geschäftsleiter bei TÜV Rheinland LGA in Nürnberg. Größtes Problem sei die nahezu durchgängig hohe Belastung mit Weichmachern.

Gekauft wurden alle Freizeitartikel für 5 bis 10 Euro im Juni 2009 direkt am Strand in Griechenland, Italien, Kroatien, Spanien und der Türkei – dort wo üblicherweise auch viele Urlauber und Familien mit Kindern Badespielzeug oder aufblasbare Freizeitartikel kaufen. Zu den getesteten Artikeln gehören Luftmatratzen, Schwimmtiere, Schwimmringe und Schwimmsitze für Babys und Kleinkinder.

Fast alle Produkte mit Weichmachern belastet

Die Prüfer von TÜV Rheinland LGA fanden in 21 der 25 untersuchten Produkte hohe Konzentrationen von Phthalat-Weichmachern, die über den für Spielzeug als Grenzwert vorgeschriebenen Konzentrationen lagen. Bei einer Luftmatratze war die Phthalat-Konzentration so hoch, dass sie – wenn man sie als Spielzeug für Kinder bewerten würde – den innerhalb der EU zulässigen Wert sogar um das 500-Fache übersteigt. Denn schließlich werden Luftmatratzen auch sehr intensiv von Kindern zum Spielen genutzt. Bestimmte Phthalate stehen im Verdacht, hormonell zu wirken und krebserregend zu sein. In sechs Produkten fanden sich zudem Belastungen mit Polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK), die ebenfalls über den in Deutschland empfohlenen Richtwerten für Verbraucherprodukte lagen. Feste, vom Gesetzgeber vorgeschriebene Grenzwerte gibt es für PAK nicht. Sie stehen – auch nach Erkenntnissen des Bundesinstituts für Risikobewertung – im begründeten Verdacht, das Erbgut zu verändern, Krebs erzeugend zu sein und die Fortpflanzung zu beeinträchtigen.

Besonders gesundheitsgefährdend sind solche Produkte einzustufen, die eine hohe PAK-Konzentration besitzen und die längeren Hautkontakt haben. „Viele Hersteller und Importeure dieser Billigprodukte halten sich an keinerlei Empfehlungen oder Richtwerte für Schadstoffbelastungen. Anders sieht es bei großen Handelsorganisationen oder Discountern aus, die über eine funktionierende Qualitätssicherung verfügen“, so Dr. Schubert.

Besonders negativ waren die Ergebnissen bei Luftmatratzen: Von den sieben Luftmatratzen im Test waren alle erheblich mit Phthalaten belastet. Trotzdem dürfen diese Artikel in Europa vertrieben werden, da es sich der Definition nach nicht eindeutig um Spielzeug handelt und deshalb keine festen Grenzwerte bei Phthalaten und PAK vorgeschrieben sind.

Neben den chemischen Analysen der Kunststoffe führten die Prüfer von TÜV Rheinland LGA mechanische Tests durch. Hierbei ging es insbesondere um die Gefahr von Kunststoffventilen oder anderen Kleinteilen, die bei missbräuchlicher Benutzung durch kleine Kinder abreißen und verschluckt werden könnten. Dazu werden Drehmoment- und Zugprüfungen durchgeführt, die zwei Artikel nicht bestanden. Bei zwei Badeartikeln für kleine Kinder besteht zudem die Gefahr, dass sich die Kinder an einer befestigten Schnur strangulieren.

Nur geprüfte Schwimmlernhilfen kaufen

Ein weiteres Problem stellt die für die EU unzulässige und teilweise gefährliche Gestaltung von Schwimmsitzen für Babys und Kleinkinder dar. Nach der geltenden europäischen Norm EN 13138-3 müssen solche Schwimmsitze unter anderem gewährleisten, dass die Kinder nicht kentern und im Notfall nicht im Sitz unter Wasser hängen bleiben. Auch müssen Hinweise zu Altersgruppe und Körpergewicht der Kinder vorhanden sein. Eine kindliche Gestaltung ist bei einem Verkauf in der EU ebenfalls nicht zulässig, damit die Unterscheidung zu Spielzeug auf den ersten Blick möglich ist: Schwimmhilfen sind kein Spielzeug, sondern Lernhilfen. Bei sieben der getesteten Produkte werden diese Vorgaben missachtet. In einzelnen Fällen besteht sogar die Gefahr, dass die Kinder im Wasser sofort kentern, weil der Sitz zu hoch ist und das Kind somit zu weit aus dem Wasser ragt. Deshalb empfehlen die Fachleute von TÜV Rheinland LGA, Schwimmlernhilfen für Babys oder Kleinkinder am besten nicht erst im Urlaub zu kaufen, sondern bereits vor den Ferien. Dabei sollten Eltern auf das GS-Zeichen für „Geprüfte Sicherheit“ achten.

Die Tests der 25 Artikel wurden bei TÜV Rheinland LGA in Nürnberg im Juli 2009 durchgeführt. Als Prüfgrundlagen dienten den Experten die Mindestvorgaben europäischer Sicherheitsnormen. Dazu zählen insbesondere die Produktsicherheitsrichtlinie, die EU-Spielzeugrichtlinie EN 71, die REACH-Verordnung 1907/2008 EG (Anhang XVII; Verbot von bestimmten Phthalaten) sowie die sicherheitstechnischen Anforderungen und Prüfverfahren für Schwimmsitze, die am Körper getragen werden (Auftriebshilfen für das Schwimmenlernen; EN 13138-3).

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