Hörscreening für Neugeborene
Früh erkannt, können Hörstörungen bei Kindern gut behandelt werden – 25.02.09 (psg). Etwa eines von 1.000 Kindern in Deutschland wird mit einer beidseitigen Hörstörung geboren. Unbehandelt stört diese Erkrankung die Sprachentwicklung des Babys und beeinträchtigt seine geistige, soziale und emotionale Entwicklung. „Je früher Hörstörungen erkannt und behandelt werden, desto besser kann den Kindern geholfen werden“, sagt Jürgen Malzahn, Abteilungsleiter Stationäre Versorgung, Rehabilitation im AOK-Bundesverband. Seit 1. Januar 2009 ist deshalb die Früherkennungsuntersuchung von Hörstörungen bei Neugeborenen, das sogenannte Neugeborenen-Hörscreening, Leistung der gesetzlichen Krankenkassen.
Das Früherkennungsangebot der gesetzlichen Krankenkassen wurde auf Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen um das Hörscreening für Neugeborene ergänzt. Ziel ist es, schwerhörigen Säuglingen zu helfen, bevor sie anfangen zu sprechen. Mithilfe der Früherkennungsuntersuchung sollen bis zum Ende des dritten Lebensmonats beidseitige Hörstörungen ab einem Hörverlust von 35 Dezibel festgestellt werden.
Wird eine Hörstörung erkannt, soll bis zum Ende des sechsten Lebensmonats des Kindes mit der Behandlung begonnen werden. „Die Teilnahme am Hörscreening für Neugeborene ist freiwillig“, sagt Jürgen Malzahn. Die Eltern werden zuvor über die Vor- und Nachteile informiert. Die Kosten für die Früherkennungsuntersuchung übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen
Tests sind schmerzfrei
In der Regel werden die Neugeborenen in den ersten Lebenstagen im Krankenhaus auf mögliche Hörstörungen untersucht. Bei Kindern, die nicht in einer Klinik geboren oder dort untersucht wurden, findet das Hörscreening während der Früherkennungsuntersuchung U2 statt. Die U2 ist für Säuglinge zwischen dem dritten und zehnten Lebenstag vorgesehen. „Die Hörtests gehen schnell und tun nicht weh“, sagt Malzahn. Die Säuglinge merken davon gewöhnlich nichts – sie werden untersucht, während sie schlafen.
Für Neugeborene gibt es zwei Hörtests: die Messung der „otoakustischen Emissionen“ und die „Hirnstammaudiometrie“. Angewendet wird entweder eine der Untersuchungen oder beide. Die Messung der otoakustischen Emissionen basiert darauf, dass ein normales Innenohr nicht nur Schall empfangen, sondern auch aussenden kann. Bei dieser Untersuchung wird dem Baby ein kleiner Lautsprecher ins Ohr gesteckt, der leise klickt. Diese Geräusche werden ins Innenohr geleitet. Funktioniert das Gehör des Kindes, sendet dessen Hörschnecke Schallwellen aus. Sie werden von einem Mikrofon aufgenommen. Bleibt das Signal aus oder ist es sehr schwach, kann dies auf eine gestörte Schallaufnahme im Innenohr hinweisen. Ein schlechtes Messergebnis bedeutet allerdings nicht immer, dass das Kind schwerhörig ist. Die Signalaufnahme kann auch verzerrt sein, wenn das Kind unruhig ist, Flüssigkeit im Ohr hat oder wenn Hintergrundgeräusche stören.
Bei Bedarf weitere Untersuchungen
Bei einem auffälligen Testergebnis soll eine sogenannte Hirnstammaudiometrie Sicherheit geben. Sie wird möglichst noch am gleichen Tag, spätestens aber während der U2 durchgeführt. Durch die Hirnstammaudiometrie lässt sich feststellen, ob die Übertragung der Schallsignale ins Gehirn richtig funktioniert. Vor der Messung werden am Kopf des Kindes kleine Metallplättchen (Elektroden) auf die Haut geklebt. Über eine Sonde oder einen Kopfhörer werden dann ebenfalls Klickgeräusche in das Ohr gesendet. Über die Elektroden wird gemessen, ob die Schallwellen als elektrische Impulse aus dem Innenohr ans Gehirn weitergeleitet und verarbeitet werden. Ist die Antwort des Innenohrs oder von Teilen der Hörbahn gestört, liegt ein Hinweis auf eine Hörminderung vor. Dann sind weitere Untersuchungen notwendig.
Ergebnis ist keine Diagnose
Das Ergebnis des Hörscreenings ist keine Diagnose. Bei einem unauffälligen Ergebnis kann eine Hörstörung weitgehend ausgeschlossen werden. Ein auffälliges Ergebnis bedeutet noch nicht, dass das Neugeborene schlecht hört: Nur etwa eines von 30 bis 40 im Screening auffälligen Kindern hat tatsächlich eine Hörstörung.Bestätigen weitere Untersuchungen, dass ein Kind schwerhörig ist, lässt sich dies so wirksam behandeln, dass eine weitgehend normale Entwicklung des Kindes zu erwarten ist. „Daher ist es empfehlenswert, dass Eltern die Früherkennungsuntersuchung in Anspruch nehmen“, sagt AOK-Experte Malzahn. Schwerhörige Kinder können zur Behandlung beispielsweise ein oder zwei Hörgeräte erhalten. Manchmal ist auch eine Operation des Mittelohrs oder eine Versorgung mit einem Cochlea-Implantat, einer elektronischen Innenohr-Prothese, notwendig. Alle diese Behandlungen sind umso wirksamer, je früher sie erfolgen. Eine Hörstörung kann allerdings auch erst im Laufe der Entwicklung eines Kindes auftreten, zum Beispiel durch eine Infektion. Malzahn rät deshalb: „Achten Sie auch nach einem unauffälligen Testergebnis weiterhin darauf, ob Ihr Kind gut hört.“
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