Quengelzone Supermarkt: Wege aus der Süßigkeitenfalle

18.12.13. (ams). Die meisten Eltern kennen das Phänomen bestens und sind bei jedem Supermarkt-Besuch froh, wenn es dieses Mal die Nachbarn und nicht sie selbst trifft: Beim Anstehen in der Schlange im Supermarkt geraten gerade kleine Kinder oft außer Rand und Band, weil sie Süßigkeiten in der Kassenzone erzwingen wollen. Mit der richtigen Strategie kommen Eltern besser mit ihren Kindern durch die Quengelwaren-Zone.

Entspannter Einkaufen mit dem Nachwuchs

Quengelzone Supermarkt: Wege aus der Süßigkeitenfalle

Bild: Quelle: AOK-Medienservice

Manche Kinder reißen sich geradezu darum, mit ihren Eltern einkaufen gehen zu dürfen: Vor allem die auf Kinderaugenhöhe verlockend drapierten Angebote an kleinen Süßigkeiten aus Riegeln, Drops, Kaugummi oder Schokoeiern haben es ihnen angetan – und bieten dann in schöner Regelmäßigkeit Stoff für innerfamiliäre Machtkämpfe. „Gerade beim längeren Anstehen wird der Wunsch der Kinder immer größer, die Situation für die Eltern unangenehmer“, sagt Christel Hoyer, Diplom-Psychologin bei der AOK. Allerdings ist das für viele Eltern nicht allein an der Kasse beim Anstehen ein Problem, sondern genauso am Kühlregal mit Kinder-Joghurts und süßen Schnitten oder am überquellenden Süßwaren-Regal.

Ganz schnell wird an den neuralgischen Kinder-Einkaufs-Punkten aus Quengeln Jammern, aus Jammern Weinen, aus Weinen Schreien und Toben. Erst beschwichtigen Eltern, dann drohen sie, manchmal schreien sie. Hoyer: „Am Ende sind alle unzufrieden, erschöpft und nicht selten schweißgebadet.“ Gerade für Eltern mit Kindern rund ums zweite Lebensjahr gehört das zum Alltag, denn jetzt entdecken die Kinder ihren eigenen Willen. „Doch selbst die Eltern von Zweijährigen müssen das nicht einfach über sich ergehen lassen, sondern können mit ein paar Tricks den Einkauf entspannter gestalten“, sagt Hoyer. Das sind die wichtigsten Schritte:

„Machen Sie sich klar, wie Sie die Situation mit Ihrem Kind beim Einkauf erleben, was Sie stört und was Sie ändern wollen.“ Stört es Sie grundsätzlich, dass Ihr Kind immer etwas beim Einkauf haben möchte? Oder stört es Sie, dass es immer noch mehr haben möchte? „Der Mittelweg ist in der Kindererziehung meist der Weg, mit dem beide Seiten ganz gut leben können“, sagt Hoyer. Wenn Sie grundsätzlich nichts gegen eine kleine Süßigkeit haben, könnten Sie beispielsweise erlauben, dass Ihr Kind sich bei jedem Einkauf eine Kleinigkeit aussucht. Mit älteren Kindern kann man schon aushandeln, dass es vielleicht bei jedem zweiten oder dritten Einkauf eine Kinderzeitschrift gibt. Auch möglich und gleichzeitig ein guter Schritt zu mehr Eigenverantwortung: Ihr Kind darf sich jedes Mal etwas von seinem Taschengeld kaufen – für einen bestimmten Betrag. Hier muss jede Familie die für sie passende Absprache finden.

Teilen Sie Ihrem Kind Ihre Entscheidung mit

Bevor Sie Ihr Kind zum Einkaufen mitnehmen, besprechen Sie die künftige Marschroute – erinnern Sie es auch unmittelbar vor Betreten des Ladens noch einmal daran: Was wollen Sie von Ihrem Kind? Wie viel darf es sich aussuchen? Teilen Sie Ihrem Kind mit, wie teuer eine Kleinigkeit ist und was zu teuer wird. Kündigen Sie Ihrem Kind auch an, was Sie tun werden, wenn es trotzdem quengelt, weil es mehr haben will. „Dann sollte es gar nichts geben. Ansonsten erlebt das Kind, dass Quengeln weiterhin zum Erfolg führt“, sagt Hoyer. Wenn Quengeln und Toben an der Kasse oder am Süßwaren-Regal bereits zur Routine geworden sind, sollten Sie erst einmal langsam anfangen: „Starten Sie – falls möglich – mit zwei gemeinsamen Einkäufen die Woche, dann stehen die Chancen besser, dass Sie gelassener bleiben.“

Gehen Sie gemeinsam einkaufen

Mit Quengeln drücken Kinder Gefühle und Anspannungen aus, für die sie noch keine Worte haben. „Deshalb sollten Sie sich vor dem Einkauf noch einmal klar machen, dass Ihr Kind Sie nicht ärgern will“, sagt Hoyer. Folgende Tricks helfen Ihnen, Ihr Kind von den süßen Verlockungen abzulenken und vor Ort entspannter zu bleiben:

  • Gehen Sie nie einkaufen, wenn Ihr Kind hungrig ist
  • Binden Sie Ihr Kind in den Einkauf mit ein. Schon sehr kleine Kinder können Milch holen oder Obst einpacken
  • Nehmen Sie etwas zum Ablenken mit, ein Kuscheltier, ein Spielzeug, ein fertig geschmiertes Brot
  • Wenn Ihr Kind ständig etwas Neues in den Wagen legt, das es auch haben will, fordern Sie es auf, sich zu entscheiden und nur die erste Wahl im Wagen zu lassen

Bleiben Sie bei Ihrer Entscheidung – atmen Sie durch!

Beim ersten Mal ist es vielleicht hart: Ihr Kind will sich nicht zufrieden geben und startet schon wieder die Quengel-Tour. „Das ist der entscheidende Moment für Eltern. Wer jetzt nachgibt, weil es anstrengend wird und die anderen schon alle herüberstarren, wird es bei den nächsten Einkäufen umso schwerer haben“, sagt Hoyer. Das Kind versteht die Botschaft nämlich sehr gut: Mit Quengeln und Schreien bekomme ich am Ende, was ich will. Erinnern Sie sich selbst und Ihr Kind beim ersten Quengel-Anzeichen an die Absprache. Atmen Sie tief durch, zählen Sie bis zehn. Machen Sie sich noch einmal bewusst, dass Ihr Kind Sie nicht gezielt ärgert, sondern nur seinen Bedürfnissen Luft macht. „Schaffen Eltern es in diesem Moment, ruhig und konsequent zu bleiben, stehen die Chancen gut, dass das Einkaufen in Zukunft immer entspannter wird.“

Quengeln im Supermarkt: Wer nachgibt, hat verloren

Drei Fragen an Christel Hoyer, Diplom-Psychologin bei der AOK

Der Ton wird schrill, das Gesicht verzerrt sich, jetzt geht das Quengeln los: Wie kommt es, dass die meisten Kinder diese Disziplin so gut beherrschen?

Hoyer: Viele Eltern glauben, ihr Kind quengelt gezielt und bewusst. Grundsätzlich handelt es sich jedoch erst einmal um den Ausdruck einer körperlichen Wahrnehmung: Das Kind teilt dem Erwachsenen mit, dass es ein unbefriedigtes Bedürfnis verspürt. Es gerät in Stress, der sich auch in einer körperlichen Anspannung und verändertem Ton äußert. Das ist für die Eltern recht unangenehm. Zur Spirale und zum Machtkampf eskaliert die Situation dann, wenn die Kinder merken: Wenn ich so bin, erreiche ich das, was ich will.

Wenn Kinder quengeln, stresst das auch die Eltern. Wozu raten Sie?

Hoyer: Besonders bringt es Eltern ja meist auf die Palme, wenn ihre Kinder in der Öffentlichkeit quengeln, etwa im Supermarkt. Man ist selbst schon gestresst, alle Leute gucken und machen vielleicht auch noch Bemerkungen über das ungezogene Kind und die hilflosen Eltern. Wer diese Situation kennt, sollte sich selbst und das Kind bestmöglich auf Einkäufe vorbereiten. Was wollen wir als Familie zulassen, was nicht? Wie werde ich mich verhal-ten? Wie bereite ich mein Kind vor? Entscheidend für die weitere „Quengel-Karriere“ des Kindes ist es, ob Mama und Papa konsequent bleiben oder nachgeben. Wer nachgibt, hat verloren: Das Kind lernt, dass es sich ab und an lohnt zu quengeln und probiert es daher routinemäßig.

Eltern in Berlin ist es gelungen, dass ein Supermarkt die Quengelzone an der Kasse abgeschafft hat. Ein Vorbild für ganz Deutschland?

Hoyer: Natürlich wäre es sehr hilfreich und gesundheitsförderlich, wenn es diese Versuchungszonen in der Warteschlange erst gar nicht mehr gäbe. Dennoch locken genug andere süße, bunte Produkte in den Regalen, die besonders für Kinder gestaltet sind. Sie alle sind potenzielle Quengelauslöser. Entscheidend für die Kinder ist die Erfahrung, dass Quengeln unbelohnt bleibt. Das ist am Anfang mühsam für die Eltern, mit ein wenig Übung macht es das Leben aber für alle Beteiligten – auch für die Kinder – sehr viel leichter.

Quelle: AOK-Medienservice > ams-Ratgeber 12/13
Internet: http://www.aok-bv.de/

 

mzt

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