Psychische Gesundheit: Ein offenes Ohr kann Kindern mit Depressionen helfen

(ams). „Mich mag sowieso keiner, lass´ mich in Ruhe“ – wenn Schulkinder an nichts Spaß haben, niedergeschlagen und reizbar sind, dick werden oder zu dünn und in der Schule absacken, wenn schon Kleinkinder ihr Spielzeug liegen lassen und schlecht schlafen, kann eine Depression dahinter stecken. „Eine solche Erkrankung kann jeden treffen. Je früher sie erkannt und behandelt wird, desto besser“, sagt Dr. Astrid Maroß, Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie im AOK-Bundesverband.

Depressionen bei Kindern und Jugendlichen sind nicht selten: Drei Prozent der Kinder unter 13 Jahren leiden darunter, schätzt das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). 20 bis 25 Prozent der jungen Menschen durchleben bis zu ihrem 18. Lebensjahr mindestens einmal eine depressive Episode. „Die Erkrankung ist bei Kindern und Jugendlichen oft schwer zu erkennen, da diese zum Teil andere Symptome zeigen als Erwachsene“, sagt AOK-Medizinerin Maroß.

Symptome hängen vom Alter ab

Wie sich eine Depression äußert, hängt stark vom Alter der Heranwachsenden ab:
Depressive Kleinkinder weinen häufig, wollen nicht spielen und sind sehr ängstlich. Sie versuchen, übermäßig lieb und folgsam zu sein, wirken traurig, sind leicht reizbar, essen und schlafen schlecht. Bei einigen Kindern verzögert sich die Entwicklung.

Kinder im Vorschulalter zwischen drei und sechs Jahren zeigen ähnliche Symptome. Sie können sich nicht freuen und haben keine Lust, sich zu bewegen. Sie ziehen sich zurück oder sind aggressiv.
Schulkinder können bereits selbst sagen, dass sie traurig sind. Ängstlichkeit und Hemmungen können dazu führen, dass sie einsam und isoliert sind. Gleichzeitig regen sie sich schnell über Kleinigkeiten auf und haben ein geringes Selbstwertgefühl. Sie können sich schlecht konzentrieren, was sich auf ihre schulischen Leistungen auswirkt. Häufig klagen sie zudem über Kopf- oder Bauchschmerzen.

In der Pubertät schwanken viele Jugendliche zwischen verschiedenen Stimmungen, von „himmelhochjauchzend“ bis „zu Tode betrübt“. Eine Depression ist nicht leicht zu erkennen, da auch gesunde Jugendliche in der Pubertät häufig trotzig, aggressiv, verschlossen oder von Selbstzweifeln geplagt sind. Hält sich der labile Gemütszustand jedoch über Wochen und Monate, kann eine Depression dahinter stecken. Typisch sind auch Lustlosigkeit, vermindertes Selbstvertrauen, Unkonzentriertheit, schlechte Leistungen in der Schule und sozialer Rückzug. Häufig treten Essstörungen und Gewichtsverlust auf. Wenn ein Jugendlicher extrem viel schläft, Alkohol trinkt, Drogen nimmt oder über Selbstmord nachdenkt, kann dies ebenfalls auf eine Depression hindeuten.

Depressive Kinder und Jugendliche haben ein erhöhtes Risiko, auch als Erwachsene unter negativen Stimmungen oder einer Depression zu leiden. Außerdem besteht bei einer mittelschweren oder schweren Depression eine erhöhte Selbstmordgefahr.

Zuhören und auf Ratschläge verzichten

„Da die Krankheit meist nicht von alleine heilt, sollten Eltern fachliche Hilfe in Anspruch nehmen. Es gibt aber keinen Grund, an den elterlichen Fähigkeiten zu zweifeln“, sagt AOK-Medizinerin Maroß. Sie empfiehlt Müttern oder Vätern, das Gespräch mit ihren Kindern zu suchen, wenn sie das Gefühl haben, dass ihr Kind sich verändert hat. Dabei ist es wichtig, zuzuhören und auf Ratschläge zu verzichten.

„Fragen Sie Ihr Kind beispielsweise, wie es ihm geht und was es beschäftigt“, sagt Maroß. „Sie können Ihrem Kind auch sagen, dass Sie sich Sorgen machen, weil es sich in letzter Zeit verändert hat.“ Sinnvoll kann es auch sein, den Sohn oder die Tochter auf Hilfsmöglichkeiten und Anlaufstellen hinzuweisen und auf Wunsch dorthin zu begleiten.
Wenn Eltern selbst Rat brauchen und nicht wissen, wie sie mit ihrem Kind umgehen sollen, können sie sich an eine Erziehungs- und Familienberatungsstelle wenden. Auch Lehrer sollten aufmerksam sein – wenn ihnen das Verhalten eines Schülers auffällt, bietet der schulpsychologische Dienst Hilfe. Sie sollten außerdem das Gespräch mit den Eltern suchen. Verdichten sich die Hinweise auf eine Depression, sollten die Eltern einen Kinder- und Jugendpsychiater zu Rate ziehen. Eine erste mögliche Anlaufstelle sind Kinder- und Jugendärzte oder der Hausarzt. Die Behandlung sollte individuell dem Schweregrad der Depression angepasst sein.

Psychotherapie hat sich bewährt

Mit einer Psychotherapie, die gegebenenfalls durch familientherapeutische Angebote ergänzt wird, lässt sich die Erkrankung meist gut behandeln. Je nach Schwere der Symptomatik können zusätzlich Medikamente eingesetzt werden, um den Gehirnstoffwechsel wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Meist genügt eine ambulante Behandlung. Bei Kindern im Vorschulalter haben sich Spieltherapien bewährt. „In jedem Fall ist aber Geduld notwendig“, sagt Maroß.

Warum manche Heranwachsende depressiv werden, ist noch nicht endgültig geklärt. Bei der Entstehung spielen vermutlich eine genetische Anfälligkeit, die Erziehung und das soziale Umfeld eine Rolle. Auch bestimmte Belastungen können ein Kind überfordern und eine Depression auslösen – etwa die Trennung der Eltern, der Tod einer Bezugsperson, ein Umzug mit Schulwechsel, schulische Probleme, Alkohol- oder Drogenmissbrauch oder die Erfahrung von Gewalt.

Stabile Beziehungen machen stark

Andererseits helfen Schutzfaktoren wie stabile Beziehungen und ein gesundes Selbstwertgefühl Heranwachsenden, Probleme und belastende Erlebnisse zu bewältigen. Eltern können viel dazu beitragen, dass ihre Kinder selbstbewusst und optimistisch sind – etwa, indem sie ihnen Gelegenheit für Erfolgserlebnisse schaffen und sie so lieben und akzeptieren, wie sie sind.

Wichtig ist aber auch, dass die Kinder lernen, mit Enttäuschungen und Niederlagen umzugehen. Deshalb sollten Eltern ihren Kindern beispielsweise helfen, aus Fehlern zu lernen und ihnen nicht alle Wünsche erfüllen. Was noch dazu beiträgt, das Kinder gesund aufwachsen, zeigt die AOK-Familienstudie.

Zur Vorbeugung von Depressionen bieten Schulen häufig psychologische Programme an. Dabei lernen Kinder und Jugendliche, wie sie mit Trauer oder Stress umgehen und Probleme lösen. Laut IGWiG haben wissenschaftliche Auswertungen gezeigt, dass die Programme sowohl bei Jungen als auch bei Mädchen positiv wirken.

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