Mit Kindern ab in die Sonne – aber richtig

Die strahlende Sonne im „Wonnemonat“ Mai macht Kinder gesund und froh. Wenn nach den bleiernen Wintermonaten plötzlich der Himmel aufreißt, bewirkt das Licht einen radikalen Stimmungsaufschwung. Wärme und UV-Licht lösen bei Groß und Klein Frühlingsgefühle aus, kurbeln zudem den Kreislauf an und produzieren in unserer Haut das lebenswichtige Vitamin D. Die sehnsüchtig erwarteten Ferientage im Mai haben aber leider auch ihre Schattenseiten, warnt die Stiftung Kindergesundheit in einer aktuellen Stellungnahme: Nur wer vernünftig mit ihr umgeht, darf die Sonne mit gutem Gewissen genießen. Ein Sonnenbrand kann nämlich gerade bei Kindern schwere Folgen nach sich ziehen.      

„Die alte Behauptung, wonach Kinder mehr Sonne vertragen als Erwachsene, ist ein gefährlicher Aberglaube“, sagt der Münchner Kinder- und Jugendarzt Professor Dr. Berthold Koletzko, Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit. „Ihre Haut ist keineswegs weniger empfindlich. Kinder ziehen sich an der See oder im Hochgebirge sogar besonders leicht einen Sonnenbrand zu“.      

Kinderhaut ist viel dünner, durchlässiger und empfindlicher als die von Erwachsenen. Ihre Eigenschutzzeit beträgt bei intensiver Sonnenbestrahlung nicht mehr als bis zu zehn Minuten, danach droht bereits ein Sonnenbrand. Die Schutz- und Reparaturmechanismen der Kinderhaut kommen erst nach und nach in Gang, ihre Entwicklung dauert bis zur Pubertät.  

Die Haut von Kindern vergisst nichts!

Wissenschaftliche Studien zeigen: Je häufiger die Haut verbrennt, desto größer ist die Gefahr, dass sie dauerhaft geschädigt wird. Die Anzahl der Neuerkrankungen beim weißen Hautkrebs hat sich seit den 1960er Jahren alle 10 Jahre verdoppelt. Heftige Sonnenbrände im Kindesalter erhöhen ganz besonders das Risiko, später an einem Melanom, dem bösartigsten Hautkrebs zu erkranken, warnt die Stiftung Kindergesundheit. Denn die Haut vergisst nichts: Je früher mit dem Sonnenkonsum begonnen wird, desto mehr Defekte summieren sich im Laufe der Jahre in der Haut.      

Offenbar ist auch die Häufigkeit der Sonnenurlaube von Bedeutung: Wer in der frühen Kindheit sechsmal einen mehrwöchigen Urlaub im Süden verbrachte, hat später ein doppelt so hohes Krebsrisiko wie jemand, der im gleichen Zeitraum nie im Süden war.  

Deshalb dürfen Babys und kleine Kinder die Sonne nur sehr dosiert genießen. Babys dürfen im ersten halben Jahr überhaupt nicht in die pralle Sonne und auch später nur minutenweise. Der Kinderwagen oder die Liegedecke sollte sich immer im Schatten befinden oder der Wagen mit einem Sonnenschirm ausgestattet sein. Selbst im Schatten sollten Babys durch Hemdchen mit langen Ärmeln und Hütchen mit breiter Krempe geschützt werden.  

Gesicht und Nacken schützen

Kommt ein Kleinkind in die Sonne, muss es an den unbedeckten Körperstellen im Gesicht, am Nacken, an den Händen und Füßen mit speziellen für die Kinderhaut entwickelten Sonnenschutzmitteln mit hohem Lichtschutzfaktor (LSF) geschützt werden. Auch größere Kinder sollten erst allmählich länger in der Sonne bleiben und bei intensiver Sonnenbestrahlung über mehr als 10 Minuten mit einem Sonnenschutzmittel vor den sengenden Strahlen geschützt sein.  

Wichtig ist dann auch das Tragen eines Sonnenhutes mit Gesicht- und Nackenschutz. Generell gilt auch für größere Kinder und Erwachsene: Weite Kleidung, Hüte mit breiter Krempe und Schatten sind immer noch der beste Sonnenschutz. Doch selbst die Kleidungsstücke lassen meist immer noch eine Restmenge der UV-Strahlung durch.  

Ein Übermaß an Sonne schwächt zunächst das Immunsystem. Viren haben es dann leichter, sich durchzusetzen (wer das Herpesvirus in sich trägt, der weiß, dass sich die Lippenbläschen am Strand oder im Hochgebirge besonders schnell melden).  

Schlimmer allerdings sind die Schäden, die die kurzwelligen, unsichtbaren Ultraviolett-Strahlen in der Haut anrichten. Sie sind im Süden und am Meer besonders intensiv. An den Stränden der Kanarischen Inseln zum Beispiel ist die UV-Strahlung doppelt so stark wie in Hamburg.  

Rechtzeitig aus der Sonne gehen

Ein vernünftiger Umgang mit den UV-Strahlen ist also unumgänglich. Professor Koletzko: „Unsere sonnenverwöhnten Nachbarvölker an den Küsten des Mittelmeers haben dazu die in Jahrtausenden bewährte Kulturtechnik der Siesta entwickelt. Zwischen 11.00 und 15.00 Uhr ist nämlich die Sonneneinstrahlung am stärksten, die Filterwirkung der Ozonschicht dagegen sehr gering“. Deshalb gehören Kinder und Erwachsene, insbesondere Urlauber aus den sonnenschwachen Ländern in dieser Zeit im südlichen Sommer, am Meer und im Hochgebirge in den Schatten, besser noch ins Haus.  

In der Nähe des Äquators, am Meer und in den Bergen scheint die Sonne besonders stark. Dort ist auch bei bewölktem Himmel oder im Schatten Vorsicht geboten: Eine dünne Wolkendecke reduziert die Strahlung nur um maximal 20 Prozent, ein Sonnenschirm allenfalls um die Hälfte. Selbst im Wasser darf man sich nicht völlig sicher wähnen: Die UV-Strahlen können noch mehrere Zentimeter unter der Wasseroberfläche ihre schädliche Wirkung entfalten.  

Lichtschutzfaktor: Wer braucht wie viel?

In unseren Breiten strahlt die Sonne am stärksten zwischen Ende Mai und Ende Juli. Wer in dieser Zeit mit seinen Kindern Urlaub macht, sollte unbedingt auf Lichtschutzprodukte mit sehr hohem Faktor (LSF) achten, betont die Stiftung Kindergesundheit. Besonders gefährdet sind blasse und sommersprossige Menschen mit rötlichen oder blonden Haaren und grauen oder grünen Augen. Dunkelhaarige, braunäugige Menschen vertragen die Sonne etwas länger. Im Durchschnitt liegt aber die Sonnenbrandschwelle der meisten erwachsenen Nord- und Mitteleuropäer bei rund 20 Minuten. Wer diese Frist ungeschützt überschreitet, gefährdet seine Haut.  

Der Lichtschutzfaktor gibt an, wie lange jemand in der Sonne bleiben kann, ohne sich zu verbrennen. Ein Beispiel: Die Haut rotblonder Frauen und Männer kann sich ungeschützt bereits nach zehn Minuten röten. Mit einem Lichtschutzfaktor zehn können solche Menschen zehnmal so lange in der Sonne bleiben, also etwa eineinhalb Stunden sonnenbaden. Am besten wechselt man jedoch bereits  nach zwei Drittel der „erlaubten“ Zeit in den Schatten, um die Haut nicht übermäßig zu strapazieren. Bei Kindern gilt es, noch vorsichtiger zu sein.  

Kinder benötigen einen Sonnenschutz mit einem LSF von 25 bis 30. Für Erwachsene mit normal empfindlicher Haut empfehlen sich Sonnenschutzmittel mit Lichtschutzfaktor zehn bis 15. Wichtig ist dabei, dass das Mittel die Haut sowohl vor den langwelligen UV-A-Strahlen als auch vor den kurzwelligen UV-B-Strahlen schützt.  

Sonnenschutzmittel richtig einsetzen

Die Stiftung Kindergesundheit empfiehlt: Geizen Sie nicht mit dem Sonnenschutzmittel, sondern tragen sie es immer ausgiebig auf. In diesem Fall stimmt es wirklich: Viel hilft viel. Der auf den Tuben angegebene Lichtschutzfaktor gilt nämlich nur für eine reichlich aufgetragene Menge.

Der Schutz von „wasserfesten“ Mittel geht beim Baden teilweise verloren. Auch durch das Abtrocknen mit einem Handtuch wird der Schutz entfernt. Cremen Sie deshalb Ihr Kind nach dem Aufenthalt im Wasser immer wieder reichlich ein. Die Schutzdauer lässt sich zwar durch mehrfaches Eincremen nicht verlängern, hilft aber, den Schutz aufrecht zu erhalten.

Werden gleichzeitig Sonnenschutz und Mückenabwehr benötigt, sollte stets das Sonnenschutzmittel zuerst aufgetragen werden und erst 15 bis 30 Minuten später das Anti-Mücken-Mittel, um die Wirkung des Sonnenschutzes nicht zu gefährden.

Besonders Sonnenbrand gefährdete Stellen, zum Beispiel Nase, Lippen und Ohren nicht vergessen!

 

Sonnenschutzprodukte, die ausschließlich physikalisch wirken, also keine chemischen Substanzen enthalten, sind mit Hinweise wie „chemical free“, „ohne chemische Filter“ oder „reines Mikropigment“ gekennzeichnet. Je kleiner das Kind, desto wichtiger ist der Lichtschutz auf der Basis von Mikropigmenten wie z.B. Zinkoxid oder Titandioxid, betont die Stiftung Kindergesundheit. Chemische Lichtschutzfilter sind deshalb weniger empfehlenswert, weil sie in die empfindliche Haut kleiner Kinder eindringen und unerwünschte Wirkungen entfalten können.  

Bei Sonnenschäden richtig handeln

Nützlich ist alles, was der Haut ihre Feuchtigkeit wieder zurückgibt und sie kühlt. Bei leichtem Sonnenbrand helfen kühlende Lotionen und Umschläge mit kühlem, verdünntem schwarzen Tee. Wenn die Haut spannt und brennt, hilft eine einfache Creme oder eine Spezialsalbe gegen Sonnenbrand aus der Apotheke. Quark- und Joghurtwickel oder mit Essigwasser getränkte Tücher beruhigen ebenfalls die durch den Sonnenbrand gereizte und schmerzende Haut. Bei einem schweren Sonnenbrand gehört das Kind zum Arzt.  

Wenn sich die Haut nach einem Sonnenbrand abgeschält hat, ist die neu gebildete Haut dünn und besonders empfindlich für UV-Strahlen. Das Kind  sollte deshalb nach einem Sonnenbrand die Sonne so lange meiden, bis sich die Haut vollständig erholt hat und nicht mehr gerötet ist.  

Die Stiftung Kindergesundheit warnt jedoch davor, die Kinder aus übertriebener Angst vor Sonnenschäden unverhältnismäßig zu behüten: „Um von den gesundheitlichen Vorteilen der Sonne zu profitieren, sollten sich alle Kinder regelmäßig unter freiem Himmel aufhalten und zwar in Bewegung mindestens eine halbe Stunde am Tag“, empfiehlt Professor Koletzko.