Anti-Pilzmittel Natamycin versteckt sich im Käse – Saint Albray ignoriert Verzehrwarnungen und wirbt mit „essbarer Rinde

Aller Verzehrwarnungen zum Trotz behandeln viele Käsehersteller ihre Produkte mit dem Anti-Pilzmittel Natamycin (E 235) und nehmen dadurch gesundheitliche Folgen für ihre Kunden in Kauf. Die Verbraucherorganisation foodwatch kritisiert mangelnde Transparenz und verantwortungslose Werbung im Zusammenhang mit dem Einsatz der antibiotisch wirkenden Substanz:

Während Natamycin an Käsetheken nicht einmal gekennzeichnet werden muss, lobt Käse-Multi Bongrain bei seinem „Saint Albray Klosterkäse“ die „essbare Rinde“ aus, obwohl diese nach Einschätzung staatlicher Wissenschaftler nicht verzehrt werden sollte. foodwatch veröffentlichte dazu heute eine Recherche auf www.abgespeist.de, der Internetplattform gegen Verbrauchertäuschung.

Natamycin wird in der Medizin zur Behandlung von Pilzinfektionen des Darms, des Mundraumes und der Augen eingesetzt. In der Lebensmittelproduktion findet das Anti-Pilzmittel als Konservierungsmittel Verwendung. Vom Verzehr raten das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und das ebenfalls staatliche Max-Rubner-Institut (MRI) ausdrücklich ab, weil sich dadurch Resistenzen bilden können. Die Bundesregierung hat die Substanz daher in die Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie aufgenommen. Während der Einsatz von Natamycin zum Beispiel in Wein verboten ist, darf es zur Behandlung von Käserinde eingesetzt werden – das BfR empfiehlt hier ausdrücklich, die Rinde bis zu fünf Millimeter Tiefe abzuschneiden. An Käsetheken jedoch muss der Zusatzstoff nicht einmal gekennzeichnet werden. Die Verbraucher erfahren also oft gar nicht, ob Natamycin eingesetzt wurde und sie die Rinde abschneiden sollten.

Der Käse-Multi Bongrain (Géramont, Fol Epi, Bresso) nutzt die Unwissenheit der Verbraucher auf besonders perfide Weise aus: Seinen „Saint Albray Klosterkäse“ vermarktet der französische Konzern mit einem großen Werbe-Hinweis auf die „essbare Rinde“ – obwohl diese Natamycin enthält und daher nicht verzehrt werden sollte. foodwatch-Campaigner Oliver Huizinga: „Beim Saint Albray-Hersteller Bongrain geht Profit offenbar vor Gesundheit. Er setzt Natamycin nicht nur entgegen aller Verzehrwarnungen ein. Er verzichtet nicht nur darauf, seinen Kunden ein Abschneiden der Rinde zu empfehlen. Er erdreistet sich auch noch, die Rinde samt Anti-Pilzmittel als etwas Besonderes auszuloben – ein solches Marketing ist unverantwortlich.“

foodwatch startete auf www.abgespeist.de eine E-Mail-Aktion, mit der Verbraucher von Bongrain einen Verzicht auf Natamycin verlangen können. Außerdem forderte die Verbraucherorganisation Bundesministerin Ilse Aigner (CSU) auf, ein Verbot des Zusatzstoffes durchzusetzen: „Bongrain beweist, dass man den Gesundheitsschutz nicht den Lebensmittelkonzernen überlassen darf. Die staatlichen Wissenschaftler sind sich einig und warnen vor dem Verzehr – wenn Frau Aigner das ernst nimmt, muss ihre Antwort lauten: Ein Verbot von Natamycin für alle Lebensmittel“, so foodwatch-Campaigner Oliver Huizinga.

Natamycin wird in der industriellen Käseherstellung zur Konservierung eingesetzt. Die Substanz ist verzichtbar, spart jedoch Herstellungskosten: Beim Einsatz von E 235 ist weniger Personal erforderlich, das die Käselaibe während der Reifung wendet und pflegt, um sie vor Schimmel zu bewahren.

Link: http://www.abgespeist.de

 

Natamycin als Lebensmittelzusatzstoff – Stellungnahme des BfR >